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Das Seelenleben von Tieren & der Natur



"Haben Tiere eine Seele?*

Peter Sasse untersucht die historischen Wurzeln des heutigen milliardenfachen Tierleids: Wo kommt der Gedanke her, Tiere hätten keine Seele? Im Altertum hatten nach der Philosophie Platos Tiere eine Seele. Für Plato war der Unterschied zwischen Tier und Mensch nicht exakt festgelegt, sondern fließend. Erst die römisch-katholische Kirche machte eine klare Trennung zwischen den »unvernünftigen« Tieren und der unsterblichen Seele des Menschen als Ebenbild Gottes.

»Ob Gott dies auch so gesehen hat?«, fragt Peter Sasse. »Ich glaube, seine Stellvertreter haben den Tieren die Seele abgesprochen, um sie damit zu entrechten und nach Gutdünken behandeln zu können. Ein Lebewesen ohne Rechte darf gequält und umgebracht werden, ohne dafür Schuld empfinden zu müssen. Genauso hat man jahrhundertelang über Frauen, Schwarze und indigene Völker gedacht. Diejenigen, die sich auf die christliche Lehre beriefen, behaupteten, dass das Gebot ‚Du sollst nicht töten’ nicht für Lebewesen gilt, die keine Seele haben. Die Kirche hatte keine Skrupel, Zigtausend Frauen lebendig zu verbrennen, daneben unzählige Andersgläubige sowie die Ureinwohner Südamerikas, von denen nicht einmal zehn Prozent die Christianisierung überlebten. Den Frauen sprach man später eine Seele zu, wenn auch eine niedrigere als der des Mannes. Seit der Aufklärung musste man diese abstrusen Ansichten nach und nach aufgeben. Heute spricht man zumindest den Frauen und den Schwarzen eine Seele zu. Bei den Tieren tut man sich aber immer noch schwer.«

Bereits in seinem vorherigen Buch »Die Angst vor der Frohen Botschaft« hat sich Peter Sasse ausführlich mit der Institution Kirche und ihrer Geschichte auseinandergesetzt. Hatte er dort die Menschen im Fokus, geht es in seinem neuen Buch »Tiere sind die besseren Menschen« um unsere Mitgeschöpfe, die Tiere. Denn auch sie haben laut Kirche keine Seele und somit keine Rechte – diese Aussagen vertritt ein Großteil der Bischöfe bis heute. Ist es da verwunderlich, wenn in katholisch geprägten Ländern Rituale wie Stierkämpfe und Tieropfer nach wie vor unter großem Beifall zelebriert werden?


 

Das 5. Gebot gilt nicht für alle

In den Zehn Geboten heißt es eindeutig: »Du sollst nicht töten!«. Doch laut Kirchenlehre gilt »Du sollst nicht töten« nicht für den Umgang mit Tieren, sondern nur für Menschen. Das allerdings hat die Kirche nicht gehindert, zu Zeiten der Kreuzzüge zum massenhaften Töten von Muslimen und Juden aufzurufen oder in Inquisition und Hexenverfolgung millionenfach Andersdenkende foltern und grausam töten zu lassen. »Alle, die außerhalb von Dogmen und Kirchengesetzen standen, waren Freiwild«, schreibt Peter Sasse.

In der Bibel gibt es zu dieser Frage unzählige Widersprüche: Während Gott durch Moses das Gebot »Du sollst nicht töten!« verkündet, fordert angeblich derselbe Gott in vielen Stellen des Alten Testaments zu Hinrichtungen und Kriegen auf. Durch einige Propheten des Alten Bundes lehnt Gott blutige Tieropfer ab, an anderen Stellen des Alten Testaments werden grausige Brandopfer mit genauen Anweisungen des Schlachtens und Zerstückelns gefordert.

Peter Sasse weist darauf hin, dass etliche Historiker die Bibel als das grausamste Buch der Weltliteratur bezeichnen. Und er zitiert den amerikanischen Bischof John Shelby Spong, der die beiden Testamente genau studiert hat: »Wer seine Moral auf der Bibel aufbauen will, hat sie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden.« Um Gottes reines und unverfälschtes Wort kann es sich dabei jedenfalls nicht handeln.

»Auch im Neuen Testament lässt sich jede gesellschaftliche und theologische Meinung herausfiltern«, schreibt Sasse. Dies sei nicht verwunderlich, wenn man bedenke, unter welchen Machteinflüssen die Bibel in Jahrhunderten entstanden sei. Und gerade was die Frage über den Umgang mit Tieren angehe, könne man auch im Neuen Testament kaum eine Orientierung finden, da bereits bei der ersten Bibelausgabe (Vulgata) des Hieronymus die Erzählungen von Jesus und den Tieren unterdrückt worden waren. »Die Bibel bleibt Menschenwerk«, schreibt Sasse und zitiert den katholischen Diplom-Theologen Moris Hoblaj, der die Bibel »als das maßgeschneiderte Kleid der Kirche« bezeichnet.




 

Urchristliche Vegetarier unchristlich verdammt

»Bei Jesus gilt das Gebot ‚Du sollst nicht töten!’ auch für die Tiere«, so Peter Sasse. Er erinnert an die Szene, wie Jesus die Tierhändler aus dem Tempel trieb (Joh. 2,14ff): »Und er fand im Tempel sitzen, die da Ochsen, Schafe und Tauben feil hatten, und die Wechsler. Und er machte eine Geißel aus Stricken und er trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Ochsen und verschüttete den Wechslern das Geld und stieß die Tische um und sprach zu denen, die die Tauben feil hatten: Tragt das von dannen und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhause!«

»Mit dem Auftreten von Jesus änderten sich viele Regeln und Gesetze«, schreibt Sasse. »Nicht nur das Opfern, sondern auch das Jagen galt für die Christengemeinden der ersten Jahrhunderte als unvereinbar mit ihrem Glauben.« So sei bei den christlichen Urgemeinden auch die vegetarische Ernährung weitgehend verbreitet gewesen.

Dagegen hat Paulus, der das spätere kirchliche Christentum weitgehend geprägt hat, den Fleischkonsum ziemlich rigoros verteidigt, erklärt Peter Sasse. Anders als viele der ersten Christen in den Urgemeinden, die das Töten von Tieren ablehnten, aß Paulus als römischer Bürger gerne Fleisch und forderte (1. Kor 10, 25): »Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esst, und forschet nicht nach, damit ihr das Gewissen nicht beschweret.«

Der römische Kaiser Konstantin kämpfte skrupellos um die Macht im römischen Reich und fasste im Konzil zu Nicäa im Jahr 325 n. Chr. die damals unterschiedlichen Strömungen des Christentums zu einer einheitlichen kirchlichen Macht zusammen. »Die Kirche hatte ohnehin seit der Ausdehnung im römischen Reich das Urchristentum nicht nur weitgehend verlassen. Zusätzlich begann sie, dessen Ideen und Lebensweisen seit dem 4. Jh. regelrecht zu bekämpfen«, erklärt Peter Sasse. Er zitiert als Beispiel aus einem Beschluss der Synode von Ankara aus dem Jahr 314, dass alle Priester und Diakone, die sich des Fleisches enthielten und sich weigerten, nicht einmal mit Fleisch vermischtes Gemüse zu essen, aus dem Amt zu entfernen seien.

»Generell galten die Urchristen fortan nicht nur als Ketzer, sondern vor allem als Anachristen und damit Feinde des Staates«, so Sasse. »Besonders schlimm ging man nun gegen die Vegetarier vor, indem man ihnen den Prozess machte, sie hinrichtete und später fast ganz ausrottete.« Weiter schreibt er: »Um die urchristlich lebenden Kirchengemeinden besser verfolgen zu können, verhängte Papst Johannes III. 561 n. Chr. vierzehn bis heute nicht widerrufene Bannflüche gegen alle Vegetarier.« Und in der 1. Synode von Braga wurde festgelegt: »Wenn jemand Fleischspeisen, die Gott den Menschen zum Genuss gegeben hat, für unrein hält und ... auf sie verzichtet, der sei mit dem Bannfluch belegt.« Mit dem Bannfluch fielen Vegetarier nach Lehre der Kirche nicht nur ewigen Höllenqualen anheim, sie galten auch als »vogelfrei«: Der Gebannte verlor als ein aus der Gesellschaft Ausgeschlossener alle Rechte - und so wurden Vegetarier verfolgt und oftmals hingerichtet.

»Ab dem 11. Jahrhundert ließ die päpstliche Inquisition Menschen foltern und aufhängen, die sich weigerten, Tiere umzubringen«, ist in dem Buch weiter zu lesen. Viele Vegetarier landeten durch die Inquisition auf dem Scheiterhaufen. Historisch belegt ist beispielsweise die Hinrichtung von Séréna und Agnès de Châteauxverdun, beide gläubige Katharerinnen: Man hatte sie des »Irrglaubens« überführt, weil sie sich weigerten, ein herbeigebrachtes Huhn umzubringen. »Die Kirche entwickelte eine panische Angst vor Menschen, die nach dem ursprünglichen Christentum lebten, da sie es seit Konstantin für ausgerottet geglaubt hatten«, so Peter Sasse.

Die Katharer wurden durch die Inquistion und einen Kreuzzug der Katholischen Kirche im 13. und 14. Jahrhundert ausgerottet. Über die urchristliche Glaubensbewegung der Katharer findet sich in den Inquisitionsakten der Kirche Folgendes: "...sie durften ... kein Tier töten." Und: "Ferner glauben sie, dass es sogar in drängender Not eine Todsünde sei, Fleisch, Eier oder Käse zu essen..." Ab dem 11. Jahrhundert ließ die päpstliche Inquisition Menschen foltern und aufhängen, die sich weigerten, Tiere umzubringen. Die Weigerung, Fleisch zu essen, galt als Erkennungszeichen für "Ketzerei".

Dass die Katholische Kirche - später auch die Lutherische - über viele Jahrhunderte Hunderttausende so genannte Ketzer verfolgte, grausam foltern und brutal töten ließ, gehört heute zum Allgemeinwissen. Interessant ist jedoch, dass fast allen verfolgten Gemeinschaften, die dem urchristlichen Glauben treu waren - von den Katharern bis zu den Manichäern -, etwas gemeinsam war: Sie weigerten sich strikt, Tiere zu töten und Fleisch zu essen. Als »Ketzer« wurden sie jahrhundertelang verfolgt und erbarmungslos ausgerottet."

 

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„Liebe und Mitgefühl dürfen nicht beim Menschen aufhören, sie müssen alle Lebewesen miteinbeziehen.

Der Herrschaftsauftrag in der Bibel sei nicht als Rechtfertigung für den Menschen zu verstehen, Tiere zu unterdrücken und zu quälen, sondern ein Auftrag, sie zu beschützen, wie es ein guter Herrscher für sein Volk täte.“**



 

Eigene Erfahrungen [aus dem Buch "Heliand"]

„Anschließend seien nun einige Stellen erwähnt, die sinnfällige Übersetzungsfehler (oder beabsichtigte Korrekturen) richtigstellen und das Gebiet der Ernährung behandeln: „7/4) Johannes hatte ein Kleid aus Kamelhaaren und einen Gürtel ebensolcher Art um die Lenden, und seine Nahrung waren die Früchte des Erbsenbaumes und wilder Honig.“ Im englischen Originial steht „locust-tree“. Unter „locust“ steht im Wörterbuch: 1.Heuschrecke, 2.unechte Akazie. – Wenn man sich vorstellt, wie dieser gütige Johannes die trockenen Heuschreckenbeine und –flügel auf seinen Zähnen zermalmt, dass es kracht, und wie er mit dem Honig nachhilft, damit es besser rutscht! Und doch bleibt er in der Luther-Bibel unverändert der Heuschreckenvertilger. Darf doch das „Wort Gottes“ nicht verändert werden! Dabei heißen die süßen trockenen Früchte des Baumes, die wie Erbsenschoten aussehen, Johannisbrot.“ "***

 

 

 




 


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* Sasse, P. (2016). „Tiere sind die besseren Menschen.“ Bremen: MusketierVerlag. https://www.freiheit-fuer-tiere.de/printable/artikel/du-sollst-nicht-toeten---auch-gegenueber-tieren.html (23.10.18) www.amazon.de/gp/product/3946635016/ref=as_li_tl 

 

** evangelisch.de (2015), „Wenn Tiere in die Kirche gehen“, Ohm, L.C.(2014). https://www.evangelisch.de/inhalte/109149/25-08-2014/wenn-tiere-die-kirche-gehen (25.10.18)

*** Szekely, E. und Weaver, P. (1937). „Heliand – Evangelium des vollkommenen Lebens. Auszug aus einem aramäischen Urtext. Die Gesundheitslehre einer altslawischen und einer aramäischen Evangelien-Handschrift in der Bibliothek des Vatikans.“ Vom Englischen ins Deutsche übersetzt und herausgegeben von Zimmermann, W. (1940). Hammelburg: Drei Eichen Verlag. https://archive.org/stream/Heliand-EvangeliumDesVollkommenenLebens/SzekelyEdmond-Heliand-EvangeliumDesVollkommenenLebens194092S.?fbclid=IwAR2BLobFg0A_LwolrcOvy5rSW_mwNImzSU4cbZc2F6-jFdfljNyKtlhYDPo#page/n0/mode/2up (18.10.2018)

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Tiere

 

„Stell dir vor, eines Tages landen fremde Wesen aus dem All auf unserem Planeten. Wesen wie in dem Hollywood-Spielfilm Independence Day. Sie sind unglaublich intelligent und dem Menschen weit überlegen. Doch dieses Mal steht kein todesmutiger Präsident im Kampfflugzeug zur Verfügung. Und auch kein verkanntes Genie legt die außerirdischen Computer mit irdischen Viren lahm. Stattdessen haben die Aliens die Menschheit in kürzester Zeit besiegt und eingesperrt Eine beispiellose Terrorherrschaft beginnt Die Außerirdischen benutzen die Menschen zu medizinischen Versuchen, fertigen Schuhe, Autositze und Lampenschirme aus ihrer Haut, verwerten ihre Haare, Knochen und Zähne. Außerdem essen sie die Menschen auf, besonders die Kinder und Babys. Sie schmecken ihnen am besten, denn sie sind so weich, und ihr Fleisch ist so zart.
Ein Mensch, den sie gerade aus dem Kerker holen, um ihn zu schlachten und Wurst aus ihm zu machen, schreit die fremden Wesen an: »Wie könnt ihr so etwas tun? Seht ihr nicht, dass wir Gefühle haben, dass ihr uns weh tut? Wie könnt ihr uns unsere Kinder wegnehmen, um sie zu töten und zu essen? Seht ihr nicht, wie wir leiden? Merkt ihr denn gar nicht, wie unvorstellbar grausam und barbarisch ihr seid? Habt ihr denn überhaupt kein Mitleid?« Die Außerirdischen nicken. »Ja, ja«, sagt einer von ihnen. »Es mag schon sein, dass wir ein bisschen grausam sind. Aber seht ihr«, fährt er fort, »wir sind euch eben überlegen. Wir sind intelligenter als ihr und vernünftiger. Wir können lauter Dinge, die ihr nicht könnt. Wir sind eine viel höhere Tierart, viel weiterentwickelt als ihr. Na ja, und deshalb dürfen wir halt alles mit euch machen, was wir wollen. Seht euch mal unsere phantastische Kultur an! Unsere Raumschiffe, mit denen wir in Lichtgeschwindigkeit fliegen können. Und dann guckt auf euer jämmerliches Dasein! Verglichen mit uns ist euer Leben kaum etwas wert Außerdem, selbst wenn unser Verhalten irgendwie nicht ganz in Ordnung sein sollte, wegen eurer Schmerzen und eurer Ängste - eines ist doch viel wichtiger für uns: Ihr schmeckt uns halt so gut!«*

 

 

 

„Ist es tatsächlich so, wie die Wissenschaft lange behauptete, dass nur wir Menschen die Palette der Gefühle in vollem Umfang auskosten? Kann es sein, dass die Schöpfung speziell für uns einen biologischen Sonderweg entwickelt hat, der als einziger ein bewusstes, erfülltes Leben garantiert? […] Denn wenn der Mensch etwas Besonderes im Sinne einer biologischen Konstruktion wäre, dann könnte er sich nicht mit anderen Arten vergleichen. Ein Mitgefühl mit Tieren hätte keinen Sinn, weil wir nicht ansatzweise erahnen könnten, was in ihnen vorgeht. […] Gewiss, es klingt vielleicht vermessen zu sagen, dass ein Schwein so fühlt wie wir. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verletzung weniger schlimme Gefühle in ihm auslöst als in uns, tendiert gegen null. „Oha“, rufen nun vielleicht Wissenschaftler aus, das sei ja gar nicht bewiesen. Stimmt, und das wird man auch niemals können. Ob Sie so fühlen wie ich, ist auch nur eine Theorie. Niemand kann in einen anderen Menschen hineinsehen, kann beweisen, dass etwa ein Nadelstich bei allen 7 Milliarden Erdenbürgern ein gleiches Empfinden erzeugt. Immerhin können Menschen ihre Gefühle in Worte fassen, und das Ergebnis dieser Mitteilungen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es bei allen Menschen auf der Gefühlsebene ähnlich zugeht.“**

 

 

 

„Bereits vor über 2000 Jahren wurde in der Ethik darüber nachgedacht, wie Menschen Tiere behandeln sollten. So war sich der chinesische Philosoph Hsiang Hsiu (ca. 227-277) nicht ganz sicher, ob Tiere eher als eine Sache gelten, die der Mensch benutzt, um seine Interessen zu befriedigen, oder ob sie vom Menschen völlig unabhängige Lebewesen mit Gefühlen und Empfindungen sind? Diese Frage bildet auch heute noch das Kernproblem der Tierethik. Bestimmen wir Menschen über Leben und Tod der Tiere, oder haben die Tiere unabhängig von uns Gefühle und eigene Bedürfnisse, ja sogar Rechte?
Die Gedanken von Hsiang Hsiu waren in der traditionellen Ethik eher eine Ausnahme, die fast 1500 Jahre lang nicht beachtet wurde. Denn bis ins 17. Jahrhundert hinein galten Tiere als eine Sache, die ähnlich wie eine Maschine funktioniert. René Descartes (1596-1650) sprach ihnen sogar jegliches Gefühlsleben und Bewusstsein ab, sodass mit ihnen Experimente bei lebendigem Leib angestellt werden durften. Und genau hier setzt auch die Tierethik im 21. Jahrhundert an. Dank der englischen Philosophin Mary Wollstonecraft (1759-1797) wurde bereits im 18. Jahrhundert die Auffassung von den Tiermaschinen kritisiert. Tiere wurden als leidensfähige Wesen eingestuft, die über Gefühle verfügen. Darauf müsse man bei Tierversuchen trotz ihrer medizinischen Notwendigkeit gerade in einer modernen rechtsstaatlichen Gesellschaft Rücksicht nehmen. Dieses Argument wird insbesondere von der deutschen Philosophin Ursula Wolf (geb. 1946) angeführt.
Der zweite Aspekt der Tierethik betrifft die artgerechte Haltung von Tieren. Nicht selten müssen Tiere unter unwürdigen Bedingungen dahin vegetieren. So haben zum Beispiel Gänse und Hühner auf Großfarmen in ihren Boxen und Käfigen oftmals nur so viel Platz wie ihr Körper einnimmt. Legehennen werden zu viert in Drahtkäfigen von bis zu 50 cm gehalten – dies entspricht nicht einmal einer DIN A 4 Seite als Lebensraum pro Tier. Kühen und Kälbern ergeht es nicht besser. Sie vegetieren in Ställen auf Lattenrosten dahin, weil die Bereitstellung von Boden mit Stroh mehr Arbeitsaufwand für das Personal und damit höhere Kosten bedeuten würde. Schmerzhafte Missbildungen der Hufe sind nicht selten die Folge dieser Massentierhaltung. Hier setzen Tierschützer sowie Philosophinnen und Philosophen auch das Argument der Leidensfähigkeit von Tieren entgegen: Tiere können fühlen und dürfen deshalb nicht während ihrer Lebenszeit unter grausamen Bedingungen gehalten werden.
Der australische Philosoph Peter Singer (geb. 1946) geht sogar noch einen Schritt weiter. Er fordert als einen dritten Aspekt der Tierethik, dass die Menschen die Würde der Tiere achten sollten. Denn Tiere sind selbständige Wesen, die unabhängig vom Menschen Interessen und Wünsche haben: unter anderem gutes Futter und einen sozialen Verbund mit ihren Artgenossen.“***

 

„Tiere, so galt jahrhundertelang, haben weder Gefühle noch ein Denkvermögen. Geradezu berüchtigt ist die Ansicht des berühmten Philosophen René Descartes, Tiere seien im Unterschied zum Menschen nur ausgeklügelte Maschinen. Folgerichtig konnten Anatomen ohne jeden Skrupel Versuche an lebenden Hunden machen – und so die ersten Erkenntnisse über den menschlichen Blutkreislauf und das Nervensystem gewinnen.

Die Paradoxie dieser Erkenntnissuche kritisierte schon der Aufklärer Voltaire im 18. Jahrhundert: "Sie nageln ihn [einen Hund] auf einen Tisch und öffnen bei lebendigem Leibe seine Bauchhöhle, um Euch einen Blick auf die Innereien zu bieten. Ihr entdeckt in ihm die gleichen, zum Fühlen befähigenden Organe, die auch Ihr besitzt. Antwortet mir, Ihr Maschinentheoretiker, hat die Natur dieses Tier mit allen Quellen des Fühlens ausgestattet, damit es nicht zu fühlen vermag? Besitzt es Nerven, um ohne jede Erregung zu sein?“.

Voltaires Einwand wurde in der Wissenschaft weitgehend ignoriert – und wird es bis heute. Tierversuche – auch mit Hunden – und Massentierhaltung sind heute Standard.

Die Behaviouristen erklärten das Innenleben nicht nur der Menschen, sondern auch der Tiere kurzerhand zu einer „Black Box“ – über die man nichts wissen könne. Und während die populärwissenschaftliche Literatur über die erstaunlichsten Strategien, Gedächtnisleistungen und Gefühle der Tiere überbordet, findet sich in der Wissenschaft dazu wenig. So behandelt, schreibt Brensing, nur eines von 59 Kapiteln eines 2000-seitigen Standardwerks der Biologie das Verhalten von Tieren. Erstaunliche Leistungen ihres Gehirns - kreative Problemlösungen, Werkzeuggebrauch, Selbstbewusstsein, abstraktes Denken - fehlen ganz.

Dabei zeigen Brensings Beispiele eindrucksvoll, dass es keinen Grund gibt, Tieren ein „Innenleben“ mit Schmerzen, Angst, Trauer und Freude abzusprechen. Im Gegenteil: Erstaunlich viele von ihnen haben ein differenziertes Sozialverhalten, lernen voneinander, manche bilden Jahrtausende alte Kulturen heraus und wissen um die Einzigartigkeit ihrer eigenen Person - etwa Delfine, Wale, Elefanten und Menschenaffen.

 

 

Wenn das alles stimmt, fragt der Biologe - dürfen wir dann noch so mit Tieren umgehen, wie wir es tun? Dürfen wir an Fischen Psychopharmaka testen und ihnen gleichzeitig ein Schmerzempfinden absprechen? Können wir feststellen, dass sechs Wochen alte Schweine klüger sind als 18 Monate alte Kinder - und sie in Übereinstimmung mit dem Gesetz lebenslang auf zwei Quadratmetern einsperren und schließlich zu töten?“****




 

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Natur

 

„Bäume, die miteinander kommunizieren. Bäume, die ihren Nachwuchs, aber auch alte und kranke Nachbarn liebevoll umsorgen und pflegen. Bäume, die Empfindungen haben, Gefühle, ein Gedächtnis. –  Über die ungeahnten und höchst erstaunlichen Fähigkeiten der Bäume erzählt der Förster Peter Wohlleben faszinierende Geschichten. Mit Hilfe von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und seinen eigenen unmittelbaren Erfahrungen mit dem Wald schafft er eine aufregend neue Begegnung […] und wir betreten eine völlig neue Welt.

Peter Wohlleben berichtet uns in seinem neuen Buch „Das geheime Leben der Bäume“ davon, dass Bäume eine Sprache haben. Dabei nehmen Duftstoffe als Boten eine wichtige Rolle ein und bilden Pilze mit ihren Fäden und Myzel das „Internet der Waldes“. Wir erfahren, dass Bäume Freundschaften pflegen, sie „kuscheln“, ihre „Baumbabys stillen“ und ihre Baumkinder „erziehen“. Uns wird aufgezeigt, dass Wurzelspitzen gehirnähnliche Strukturen haben und man sich automatisch somit die Frage stellt, ob Pflanzen denken können? Und wusstest du, dass in einer Handvoll Walderde mehr Lebewesen stecken als es Menschen auf der Erde gibt? Dass Stadtbäume ein extrem hartes Leben haben? Und Bäume generell Meister der Entschleunigung sind?

Hier ein paar Auszüge aus dem Buch „Das geheime Leben der Bäume“*****:

  • Bäume können durchaus aufeinander Rücksicht nehmen. Wenn etwa zwei Bäume eng nebeneinander stehen, sieht man oft, dass nur dünne Äste in Richtung des anderen Baumes zeigen. Während nach allen anderen Seiten dicke Äste raumgreifend wachsen, um möglichst viele Blätter zum Einfangen des Sonnenlichts zu haben, tasten sich nur zarte Ästchen vorsichtig in Richtung des benachbarten Baumes vor. Keiner der Bäume will mit dem anderen in Konkurrenz treten, sondern beide achten rücksichtsvoll darauf, dass jeder genug Licht erhält, um gesund zu bleiben.

 

 

 

 

 

 

  • bei Unwetter und Sturm bilden Bäume oft eine Art Solidargemeinschaft. Wo ein einzelner Baum umfallen würde, stützen sich die Mitglieder eines intakten Buchenwaldes gegenseitig. Und zwar, indem sie durch ihre unterschiedlichen Kronen und Stämme auch unterschiedlich hin und her pendeln, gegeneinander schwanken, ihre Bewegungen damit abbremsen und somit ein Aufschaukeln und Umfallen verhindern.

 

  • Bäume können sich gegenseitig vor Schädlingen warnen und tun dies oft auch. Wenn z.B. eine Buche von Insekten befallen wird, warnt sie ihre Kollegen über Duftbotschaften. Diese können dann in Abwehrstellung gehen und Abwehrstoffe in der Rinde einlagern. In der afrikanischen Savanne gibt es eine Akazienart, die das Gas Ethylen ausstößt, wenn eine Gazelle ihre Blätter abfrisst. Damit warnt die Akazie ihre Nachbarn, die einen Stoff in ihre Blätter einlagern, der diese ungenießbar macht.

 

  • Bäume leiden oft unter einer für sie ungünstigen Umgebung – genau wie wir Menschen. So ergeht es etwa Straßenbäumen, die neben einer Laterne stehen. So wie wir Menschen brauchen auch Bäume ihren Schlaf, um sich zu regenerieren. Das können sie aber nicht, wenn sie nachts unter Dauerbelichtung stehen. Sie leiden unter dem Schlafentzug – genau wie wir Menschen dies tun würden.

 

Das Buch verändert die Sichtweise auf Bäume und Pflanzen generell. Während bei Tieren inzwischen ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, dass diese oft leiden und unsere menschliche Rücksichtnahme benötigen, werden Bäume oft noch als reine Rohstofflieferanten angesehen – doch Bäume können auch kommunizieren, genauso leiden wie Mensch oder Tier. Sie verdienen ebenso unsere Beachtung und Rücksichtnahme. Hierfür ein Bewusstsein zu erzeugen, ist das wichtige Verdienst dieses Buches „Das geheime Leben der Bäume“, was seit Wochen nahezu vergriffen ist. Dies zeigt, dass wir unsere natürliche Verbindung und das wichtige Miteinander nicht vergessen haben und wir uns wieder dahin bewegen, ein ausgeglicheneres Leben mit dieser kostbaren Natur erschaffen zu wollen.

 

[…]Durch bahnbrechende wissenschaftliche Versuche wurde von ihnen bewiesen, was Außenseiter unter den Pflanzenforschern schon vor Jahrhunderten aussagten: Pflanzen reagieren wie Menschen. Sie haben Gefühle und Erinnerungsvermögen, nehmen optische und akustische Eindrücke wahr und unterscheiden zwischen Harmonien und Dissonanzen. In Experimenten wurden Pflanzen an empfindliche Messgeräte angeschlossen. Diese Geräte zeigen an, dass Pflanzen erschreckt reagieren, wenn sie sich bedroht fühlen, und freudig, wenn sich ihnen ein Freund näherte. Die Entdeckung der Pflanzen als beseelte Lebewesen und ihrer physischen und emotionalen Beziehungen zum Menschen eröffnet atemberaubende Perspektiven für unser gesamtes Naturverständnis.

 zur neueren Wissenschaft vom Verhalten der Pflanzen schrieben, was darin erstmals dargestellt wurde.

Durch bahnbrechende wissenschaftliche Versuche wurde von ihnen bewiesen, was Außenseiter unter den Pflanzenforschern schon vor Jahrhunderten aussagten: Pflanzen reagieren wie Menschen. Sie haben Gefühle und Erinnerungsvermögen, nehmen optische und akustische Eindrücke wahr und unterscheiden zwischen Harmonien und Dissonanzen. In Experimenten wurden Pflanzen an empfindliche Messgeräte angeschlossen. Diese Geräte zeigen an, dass Pflanzen erschreckt reagieren, wenn sie sich bedroht fühlen, und freudig, wenn sich ihnen ein Freund näherte. Die Entdeckung der Pflanzen als beseelte Lebewesen und ihrer physischen und emotionalen Beziehungen zum Menschen eröffnet atemberaubende Perspektiven für unser gesamtes Naturverständnis.“******



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Precht, R.D. (2011). „Warum gibt es alles und nicht nichts?“ München: Goldmann, S. 144-147. https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/bioethik/175397/quellentexte-zur-tierethik?p=all (22.10.18) www.amazon.de/gp/product/3442156343/ref=as_li_tl 

** Wohlleben, P. (2016). „Das Seelenleben der Tiere“. 5.Auflage, München: Ludwig Verlag. www.amazon.de/gp/product/3453280822/ref=as_li_tl

*** Brüning, B. (1997): „Was ist Tierethik?“ https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/bioethik/175397/quellentexte-zur-tierethik?p=all (22.10.18)

**** „Wir müssen Tiere vermenschlichen“, Carstens, P. (04.10.2017). https://www.geo.de/natur/tierwelt/17442-rtkl-wissenschaftler-bricht-ein-biologie-tabu-wir-muessen-tiere-vermenschlichen (22.10.2018)

***** Wohlleben, P. (2015). „Das geheime Leben der Bäume“. 17.Auflage, München: Ludwig Verlag. www.amazon.de/gp/product/3453280679/ref=as_li_tl

****** „Erstaunlich: Bäume & Pflanzen kommunizieren miteinander“. https://www.horizonworld.de/erstaunliches-baeume-pflanzen-haben-empfindungen-und-kommunizieren-miteinander/ (22.10.18)